Bewusst anders: Baufortschritte im Alten Postamt Alsfeld
ALSFELD. Offene Betondecken, unverputzte Wände, Bauschutt und ein kahler Betonboden: Momentan gleicht das alte Postamt noch einer Baustelle, doch schon Anfang des nächsten Jahres soll das ganz anders aussehen. Ein innovativer Knotenpunkt für kreative Unternehmen soll hier entstehen, so die Vision des Eigentümers Torsten Schneider. Wie der Baufortschritt bisher aussieht und was es neues aus der alten Post gibt: Oberhessen-Live war vor Ort und hat sich umgesehen.
Erst im Juni wurde bekannt: Die alte Post hat einen neuen Eigentümer. Der Alsfelder Unternehmer Torsten Schneider gab damals bekannt, er wolle ein multimediales Kreativzentrum für Unternehmen, die moderne und innovative Dinge tun, in den Räumen entstehen lassen. Die Post sei schließlich schon immer ein Medienzentrum gewesen.
Die Vision: mehr Raum, mehr Kreativität und das alles in modernen Büros, die an die Arbeitsplätze solcher Internetgiganten wie Google oder Facebook erinnern. Schneider selbst wird mit seinen drei Unternehmen – der Digital- und Marketingagentur Vobitz, dem Fotostudio creativeFoto und Oberhessen-Live in das erste Obergeschoss des alten Postgebäudes ziehen.
Modernes Industrialdesign trifft auf historischen Altbau
Auf gut 300 Quadratmetern soll hier ein modernes Büro für kreative Köpfe entstehen, Platz fürs Denken und ein Ort zum Wohlfühlen geschaffen werden. Tischfußball, offen gelegte Betondecken mit metallenen Kabeltrassen, Schaukeln mitten im Büro, gemütliche Rückzugsorte, Holzboden und Kunstrasen, viel Glas, hohe Decke, historische Fenster, eine Küche zum Kochen und ein großer Gemeinschaftsarbeitstisch – modern und innovativ.
Noch gleicht es einer Baustelle doch schon Anfang des nächsten Jahres wird hier das neue Büro von Vobitz und Oberhessen-Live sein.
„Denkmal trifft auf Moderne“, beschreibt Schneider das zukünftige Design des Büros im ersten Obergeschoss. Neben dem großen Arbeitsraum samt großem Schreibtisch, entstehen hier noch einzelne Büros als Rückzugsort, ein Entspannungs- oder Kreativraum, ein Besprechungsraum und ein Empfangsbereich, samt Kundenwartebereich im vorderen Teil des großen Raumes, der durch eine Saloontür vom Rest abgetrennt wird.
Viel wird sich an den Decken nicht mehr ändern. Die Idee dahinter: modernes Industrialdesign.
Co-Working Space und weitere Mieter
Schon kurz nach der Kaufbekanntgabe waren bereits einige Quadratmeter des gut 4.000 Quadratmeter großen Geländes vermietet – sowohl an Lagerfläche, als auch an Bürofläche. Neben dem Team von der Medienagentur Vobitz und der Redaktion von Oberhessen-Live, ziehen unter anderen die Fahrschule Miksch, Getränke Kratz und die EDV-Experten von deltaweb dort ein. Letztere mit neuem Shop sogar noch in diesem Monat.
Ebenfalls mit einziehen wird der beauftragte Architekt des ganzen Projekts, Lars Wilhelm, mit einer Zweigstelle des Architekturbüros studio aw., das seinen Hauptsitz in Gießen hat und unter anderem auf Denkmalschutz spezialisiert ist. Wilhelm selbst ist Partner des Architekturbüros und kommt aus Leusel. Mit der Beteiligung an dem Umbau des Einzeldenkmals „Altes Postamt“ will Wilhelm mit seinem Architekturbüro sein Engagement in seiner Heimat ausweiten.
Neben den schon genannten Mietern, werden darüber hinaus noch andere mit in das Alte Postamt einziehen. Wer das ist, will Schneider zum jetzigen Zeitpunkt leider noch nicht verraten.
Dennoch: Einige Büros werden mit Absicht leer bleiben. Eigenartig? Ja, aber mit einer entscheidenden Idee dahinter: Co-Working Space. Das ist das kurzfristige Einmieten von Freiberuflern und Unternehmern, die normalerweise von Zuhause aus arbeiten oder nur temporär Büros benötigen. „Durch den Co-Working Space können die kurzfristig eingemieteten Unternehmer die gesamte Infrastruktur des Gebäudes – von Besprechungsräumen bis zum Café – nutzen. Sie haben hier ihr eigenes Büro, aber für alles einen Ansprechpartner. Man arbeitet dann zusammen in einem Team, obwohl es unterschiedliche Unternehmen sind. Davon haben alle einen Nutzen“, so Schneider.
Das sei genau das, was der Zweck des Gebäudes sein soll: ein Raum für Zusammenarbeit, netzwerken und Kooperation – egal ob durch Besprechungsräume, Gemeinschaftsbüros oder durch das Café.
Moment, haben wir richtig gehört: ein Café? Ganz genau. „Ludwig“ soll es heißen und im Untergeschoss Einzug erhalten – so entsteht auch eine Verbindung zum Ludwigsplatz. So mancher wird sich fragen, ob Alsfeld wirklich noch ein Café braucht, aber das zukünftige „Ludwig“ soll anders sein. Auch hier schwebt dem Eigentümer ein innovatives und modernes Konzept vor. Außergewöhnlicher Kaffee, moderne, gesunde Getränke, ein separater Besprechungsraum und ein ebenso gesundes, als auch modernes Snackangebot stehen hier in der Planung. Ein schlicht belegtes Brötchen soll man hier vergeblich suchen.
Überall wird gebaut. Auch im Untergeschoss tut sich gerade einiges. Im Frühjahr nächsten Jahres soll dort ein Café entstehen.
Der gesamte Post-Komplex soll „Altes Postamt Alsfeld“ heißen – darin enthalten: das Café „Ludwig“ und die „Ideenwerkstatt im Alten Postamt“, also die kreativen Unternehmen mit Oberhessen-Live, creativeFoto, Vobitz, deltaweb, und und und.
Trotz Denkmalschutz in Zeit
Die Bauarbeiten verlaufen momentan im Zeitplan. Schon im Frühjahr des nächsten Jahres wird Schneider mit seinen drei Unternehmen in das alte Postamt einziehen. Bis zum Herbst nächsten Jahres soll das Gebäude komplett fertig sein. Von außen entsteht aktuell ein zweiter Eingang und auch ein barrierefreier Eingang hinter dem Gebäude und ein neuer Aufzug wurden bereits eingerichtet. Die IT-Spezialisten von deltaweb werden bereits am Mitte Dezember im Erdgeschoss als Anlaufstation für alle EDV- und PC Probleme erreichbar sein.
Ein großer und wichtiger Faktor bei der Sanierung des Einzeldenkmals sei der Denkmalschutz, erklärt Schneider. „Man muss sehr vieles beachten, aber die Denkmalschutzbehörde ist sehr kooperativ und gemeinsam erarbeiten wir tolle Ergebnisse. Die Fenster beispielsweise wurden von der Schreinerei Bechtel aus Renzendorf gebaut und entsprechen vom Design den originalen Fenstern aus 1928. Hierzu haben wir im Alsfelder Stadtarchiv extra historische Fotos vom Bau des Postamts gesucht. Es war wirklich faszinierend zu sehen, wie die Fenster hergestellt wurden. Die Schreiner haben wirklich tolle Arbeit geleistet und die Fenster vom Baumstamm bis zum fertigen Fenster komplett selbst gebaut“, erzählt Schneider von den Bauarbeiten. Auch sonst sind in erster Linie Handwerker und Unternehmen aus der Region an der Renovierung des alten Postamts beteiligt.
Übrigens: Die Postfiliale bleibt weiterhin bestehen. Sogar mehr Parkplätze für Kurzparker sollen hinter dem Gebäude entstehen.
Auch die Bürger sollen miteinbezogen werden
Sobald es draußen wieder wärmer wird, soll auch die Fassade der Post einen neuen Anstrich erhalten – und das können ganz vielleicht sogar Sie mitentscheiden. Aktuell prüfe man Möglichkeiten, die Bevölkerung bei der Fassadenfarbe mitentscheiden zu lassen, erklärt der Alsfelder Unternehmer. Dazu sei eventuell eine Abstimmung im Internet vorgesehen. „Historisch gesehen wäre das eine tolle Sache, weil zu Beginn des letzten Jahrhunderts die Alsfelder Bürger in dem ersten Alsfelder Bürgerentscheid überhaupt für den Bau des Postamts an dieser Stelle abgestimmt haben. Diese Befragung könnten wir nun knapp 100 Jahre in ähnlicher Form wiederholen.“